Während unserem fünftägigen Aufenthalt in Amsterdam musste ich natürlich auch einen Besuch im dortigen Zoo einplanen, der / dem / des Artis Amsterdam (keine Ahnung wie es richtig heißt, ich bleibe in diesem Artikel einfach mal bei der weiblichen Form…). Der Park (mit vollständigem Namen Natura Artis Magistra was so viel wie „die Natur ist die Meisterin der Kunst“ bedeutet) beherberg auf einer Fläche von 14 Hektar neben zahlreichen Tieren unter anderem auch ein Planetarium, zwei Museen, eine Bibliothek (die glaube ich aber gerade renoviert wird) sowie Micropia, eine Ausstellung über Bakterien. Bei meinem Besuch habe ich mich aber nur auf die Tieranlagen konzentriert.
Tierbestandstechnisch findet man im Zoo natürlich viele Klassiker wie Asiatische Elefanten (in einer recht neuen und schönen Anlage), Giraffen, Löwen, Seelöwen, Gorillas, Schimpansen, Wölfe oder Flamingos. Zudem gibt es einige tolle und (teilweise) historische Tierhäuser wie das innen sehr moderne Affen- und Vogelhaus, das riesige und tolle Reptilienhaus, das Aquarium, ein etwas veraltetes Kleinsäugerhaus, das Insektarium und die sehr große Schmetterlingshalle.
Insgesamt hat der Park einen sehr historischen Flair, im Gegensatz zu den meisten anderen Zoos in den Niederlanden, die alle sehr modern sind (wobei ich dazu sagen muss, dass ich die alle noch nicht persönlich kenne, aber das ist es, was man sonst überall so hört oder auf Bildern sieht). Artis Amsterdam kann man daher am besten noch mit Zoos wie Berlin vergleichen (sehr große Ähnlichkeit auch was die Lage angeht).
Leider ist der Park aber nicht nur historisch wertvoll, sondern insgesamt etwas veraltet, und dieser Begriff ist im Gegensatz zu ersteren im Bezug auf Zoos eher negativ gemeint. Das soll nicht heißen, dass die Anlage nicht gepflegt ist, aber ganz viele Gehege sind inzwischen einfach nicht mehr zeitgemäß und dementsprechend viel zu klein. Beispielhaft hierfür sind etwa die sehr kleine Löwenanlage (die früher mal Teil eines klassischen Raubtierhauses aus längst vergangenen Zeiten war, das inzwischen der Elefantenanlage gewichen ist), das Schimpansengehege oder Teile des Kleinsäugerhauses (wobei dieses auch einige gute Teile hat).
Das zweite große Problem der Artis: es ist einfach zu wenig Platz vorhanden. Der Zoo wird auf zwei Seiten von Grachten begrenzt, auf den anderen beiden Seiten von großen Straßen, auf denen auch die Tram fährt. Keine Chance, da irgendwo etwas zu erweitern. Und für viele Tierarten im derzeitigen Bestand ist auf dem Zoogelände zu wenig Platz, das heißt es müssten zwangsläufig einige Arten weichen. Man merkt zwar an vielen Stellen, dass der Zoo sich bemüht, möglichst platzsparend zu bauen, um den Tieren mehr Gehegefläche zur Verfügung stellen zu können (so gibt es oft Gitter statt Gräben, o. ä.), aber das reicht noch nicht. Die neue Elefantenanlage oder die Geiervoliere (unter der ein Besucherweg verläuft, während die Geier über diesen Teil drüberfliegen) sind Beispiele für diese gelungene Raumnutzung, das (vermutlich nicht so alte) Gehege der Wölfe hingegen ist ein negatives Beispiel, da die Fläche hier trotzdem nicht ausreicht (auch wenn die Anlage immerhin einige Rückzugsmöglichkeiten bietet und sehr dicht bewachsen ist).
Fotos aus der Artis
Gleich hinter dem Eingang wartet eine interessante Vergesellschaftung: Trampeltiere (Zentralasien), Watussi-Rinder (Afrika), Rentiere (Nördliche Regionen Europas, Asiens und Amerikas) und Esel zusammen auf einer (scheinbar historischen) Anlage. Scheint gut zu funktionieren…
Die futuristisch anmutende Insel der Japanmakaken finde ich eher so okayisch…
Bei meinem Besuch wurde wohl gerade damit begonnen, den neuen und jungen Löwenkater Dembe mit einem der beiden älteren Weibchen Kianga und Kacela zu vergesellschaften. Jedenfalls war die Stimmung in der Anlage eher reserviert und ab und zu gab es Zoff, wenn der junge Kater der Dame zu nahe kam. Während dem Treffen war die ganze Zeit ein Tierpfleger an der Anlage gewesen, um das Ganze zu beobachten. Die zweite Löwin war währenddessen im einsehbaren Löweninnengehege untergebracht, was ihr aber gar nicht passte…
Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob man es befürworten sollte, dass die Artis mit Dembe scheinbar versucht, ein neues Rudel aufzubauen (der alte Rudelführer Caeser starb vor etwa einem Jahr in einem sehr hohen Alter), denn dafür ist die Anlage meiner Meinung nach nicht geeignet. Da hätte ich es besser gefunden, wenn man die beiden etwas älteren Löwinnen einfach zu zweit in Ruhe gelassen hätte.
Leider konnte ich in dem großen und sehr schönen Reptilienhaus keine Bilder machen, da das Objektiv aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit hoffnungslos beschlagen war (und warten wollte ich nicht so ewig). Schade, denn die Arten in dem Haus waren schon recht interessant (und es waren mal eben nebenbei zwei ausgewachsene Komodowarane zu sehen). Zum Glück waren einige wenige Terrarien in einer kleinen Vorhalle mit weniger Luftfeuchtigkeit, wodurch ich wenigstens dieses eine Bild unten mitnehmen konnte…
Das Badebecken der Asiatischen Elefanten und der hindurchführende Weg sind wirklich genial gemacht – Schade, dass die Elefanten bei meinem Besuch nicht baden wollten… 😉 Insgesamt fand ich die neue Elefantenanlage sehr positiv, auch wenn in der Artis naturgemäß nicht so viel Platz vorhanden ist. Man merkt hier aber, wie jeder Quadratmeter ausgenutzt wurde und für die kleine Herde ist die Anlage perfekt!
In der Artis leben derzeit vier asiatische Elefanten – der Bulle Nikolai (ehemals aus dem Erlebniszoo Hannover), zwei Kühe sowie ungefähr drei- oder vierjähriger Nachwuchs. Auch wenn diese Herde nicht wirklich groß ist – für die nicht gerade riesige neue Anlage ist die Herdengröße ideal und außerdem harmonieren die Tiere in meinen Augen auch sehr gut (So habe ich etwa den Bullen mehrmals zusammen mit dem Nachwuchs spielen sehen, was bei Elefanten sonst eher unüblich ist). Und so stand ich dann eine ganze Weile am (oder eigentlich besser im 😉 ) Wassergraben und schaute der kleinen Gruppe zu…
Sehr sehenswert in der Artis ist die recht große Insektensammlung. Okay, so wirklich anfreunden konnte ich mich mit dieser Tiergruppe zwar noch nie, aber hinter Glas beobachte ich sie dann doch recht gerne… 😉 Das Insektenhaus sollte man nicht verpassen!
Nebenan hätte es dann noch ein sehr großes Schmetterlingshaus gegeben, welches mir auch gut gefallen hat. Leider hatte ich auch hier wieder Probleme mit einem beschlagenen Objektiv, weswegen ich von dort leider keine Bilder habe. Erwähnen wollte ich das Haus aber trotzdem, denn ein Abstecher hinein lohnt sich definitiv, obwohl es von außen eher unscheinbar ist.
Wirklich toll gemacht ist die Anlage der Präriehunde. Auch zum fotografieren ist sie sehr gut geeignet, da man hier recht leicht auf Augenhöhe mit den Tieren kommt, was bei der kleinen Größe sonst eher schwer ist.
Am Nachmittag waren bei den Löwen wieder die beiden Löwinnen Kianga und Kacela zusammen auf der Außenanlage (die beiden scheinen schon lange zusammen zu leben, denn im Gegensatz zum Vormittag, wo die Stimmung zwischen dem Kater und der einen Löwin eher angespannt war, war hier alles ruhig und vertraut). Der junge Kater Dembe war währenddessen im Innengehege.
Fazit
Die Artis ist ein klassischer Stadtzoo mit einigen kleveren neuen Anlagen (Elefanten, Jaguar, Affenhaus), schönen (oft historischen) Tierhäusern (Aquarium, Reptilienhaus, Affenhaus, Vogelhaus, Insektarium, Schmetterlingshalle) und historischen Gehegen, die teilweise modern hergerichtet wurden (Südamerikaanlage für Tapire, Vikunjas, Lamas, Maras und Wasserschweine, Trampeltiere, Roter Panda). Aber, man merkt an vielen (eigentlich sogar allen) Stellen, dass der Zoo enorm viel Platz sparen muss. Das muss kein Problem sein (wenn man eben gut geplante Anlagen wie etwa die neue Elefantenanlage baut, die jeden Meter ausnutzen), ist es aber halt meistens doch. Und so sind viele Anlagen doch sehr knapp bemessen (Löwen!), entweder, weil sie früher mal so konstruiert wurden und (noch) nicht erneuert / ersetzt werden konnten, oder weil für eine bestimmte Tierart einfach nicht genug Platz vorhanden ist (Wolf, Gorilla, Schimpanse), zumindest nicht gleichzeitig mit den ganzen anderen Arten. Und da sollte man als Zoo dann eine Entscheidung treffen, welche Tiere man weiterhin halten will und bei welchen das auf der verfügbaren Fläche einfach nicht möglich ist. Klar, dabei müssen dann vielleicht auch bei den Besuchern beliebte Arten abgegeben werden, aber alle Tiere kann man einfach nicht halten. Solange ein Zoo seine Grenzen kennt, dürfte es theoretisch auch keine Probleme geben…
Wie auch immer, man merkt, dass es noch sehr viele Altlasten gibt (Löwenanlage – die geht leider gar nicht und lässt sich an der derzeitigen Stelle nur schwer vergrößern, einige Anlagen im Kleinsäugerhaus, Mandrill, Seelöwe, Schimpanse, Gorilla). Einige Arten könnte man sicher gut neu unterbringen (wenn man denn das nötige Geld dafür hätte…), aber wie gesagt, alles geht halt nicht. Zum Beispiel bei den beiden Menschenaffenarten sollte man vielleicht mal darüber nachdenken, ob es wirklich Schimpanse UND Gorillas sein müssen, oder ob nicht eine der beiden Arten reicht. In dem Fall ist es zwar schwierig, die beiden Gehege zusammenzulegen, da sie nicht gerade nebeneinander liegen, aber ich denke, das Prinzip ist klar…
Ich glaube, das grundsätzliche Problem der Artis ist (neben den bereits genannten), dass die Niederlande voll mit großartigen Zoos ist (die ich leider alle noch nicht kenne), man denke nur mal an Rotterdam, Burgers Zoo Arnheim, Emmen, Rhenen, Overloon, Apenheul, Beekse Bergen oder den Gaia Zoo. Und da sind noch einige unbekanntere Zoos noch gar nicht genannt, die vermutlich tierhalterisch trotzdem besser sind als die Artis oder auch viele deutsche Zoos (Amersfoort, Dierenrijk Mierlo, Aquazoo Friesland). Okay, viele Amsterdam-Besucher werden trotzdem in die Artis gehen, da sie halt in Amsterdam Urlaub machen und nicht irgendwo anders (so ging es mir ja auch), aber wer wirklich die Wahl hat (und das haben die Niederländer, denn wirklich lang fährt man da ja nicht von einem Ort zum anderen), der wird vermutlich nicht nach Amsterdam in die kleine und beengte Artis fahren, wenn man (bei sehr ähnlichen Eintrittspreisen) auch nach Rotterdam oder in den Burgers Zoo fahren kann.
Es macht für die Artis also weder wirklich Sinn, der x-te Erlebniszoo der Niederlanden zu werden (erstens kann sie es sowieso nicht, zweitens ist die Konkurrenz hier schon zu groß), noch kann sie bleiben wie sie ist. Ich glaube, man müsste im ersten Schritt den Tierbestand optimieren (weniger und kleinere Arten, die nicht soooo viel Platz beanspruchen, bis auf einige Ausnahmen natürlich) und im zweiten dann einen modernen Park im klassischen Gewand aufbauen (wie es zum Beispiel beim Affenhaus oder der Südamerikaanlage schon ganz gut gelungen ist), der sich auf die Haltung speziellerer Tierarten verlegt hat (Micropia ist ja auch ein Schritt in Richtung speziell). Aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob das funktionieren würde…
Jedenfalls habe ich die Artis mit sehr gemischten Eindrücken in Erinnerung behalten – der Park hat Flair und einige gute und teils moderne Anlagen, aber bei ebenso vielen Gehegen scheint im wahrsten Sinne des Wortes die Zeit stehen geblieben zu sein. Wer als Zoofreund in Amsterdam ist, dem kann ich einen Besuch grundsätzlich empfehlen (und sei es nur, um sich eine eigene Meinung zu bilden), aber wer wirklich die Wahl hat, dem würde ich (ohne die anderen Zoos persönlich zu kennen) zu einem Besuch in Arnheim / Rotterdam / Overloon / Emmen / etc. raten.
So, das war der Bericht über die Artis Amsterdam, in Sachen Zoos folgen dann demnächst noch Artikel zum Tiergarten Nürnberg und zum Zoo Zürich. Und außerdem sind noch zwei Beiträge zu unserer Amsterdam-Reise in Planung, Teil 1 gibt es hier.
Wart ihr schonmal in der Artis Amsterdam? Wie hat es euch gefallen, decken sich eure Erfahrungen mit meinen oder seht ihr das Ganze anders? Und wie seht ihr die Artis im Vergleich zu den anderen Zoos in den Niederlanden (sofern ihr diese schon kennt)? Schreibt dazu doch gerne einen Kommentar!
Wow, eine tolle, kritische Auseinandersetzung mit dem/der Artis. Das war mir so gar nicht bewusst!
Mein Favoritenfoto ist eindeutig der Rote Vari beim Sonnenbad. Klasse!
Schön, dass es dir als „Nichtzoointeressierter“ trotzdem ein wenig gefallen hat… 😉
LG, Florian