Jeder, der sich derzeit in Deutschland mit Zoos beschäftigt wird es vermutlich bereits mitbekommen haben: gestern (Freitag, den 15.03.2019) durfte das kleine Eisbärenmädchen aus dem Tierpark Berlin zusammen mit ihrer Mutter Tonja das erste Mal auf die Außenanlage. Die Kleine scheint bereits sehr kräftig zu sein und nahm sogar schon ein erstes Bad im gehegeeigenen Wassergraben. Für den Tierpark Berlin muss dies eine echte Erleichterung sein, wenn man bedenkt, dass die ersten zwei Jungtiere von Tonja und Wolodja (Fritz im Winter 2016/17 und ein namenloses Mädchen 2017/18) leider noch in der Wurfbox starben.
Mein erster Besuch beim Hellabrunner Eisbärnachwuchs Quintana am 25.02.2017
Wenn ich die Fotos so sehe denke ich auch gerne wieder zurück an den 25. Februar 2017 – der Tag, an dem ich Eisbärin Giovanna mit ihrer Tochter Quintana zum ersten Mal auf der Hellabrunner Außenanlage besuchen konnte. Erst am Tag zuvor (ein Freitag) war der erste Ausflug der beiden nach draußen gewesen und für mich war klar, dass ich am Samstag darauf unbedingt in den Tierpark musste.
Ich weiß noch, dass es ein wunderbar sonniger Tag war, an dem der Tierpark wohl selbst dann voll gewesen wäre, wenn es gerade keinen Eisbärennachwuchs zu bestaunen gäbe. So war er dann eindeutig überfüllt. Trotzdem verbrachte ich den ganzen Tag in Hellabrunn, doch egal wie oft ich zum Eisbärengehege kam – es waren keine Bären zu sehen (beziehungsweise doch, denn damals hat ja Quintanas Vater, der viel zu früh verstorbene Yoghi, noch gelebt… 🙁 ). Erst kurz bevor ich gehen wollte und ich noch einen allerletzten Anlauf unternahm kamen die Zwei nach einer kurzen Wartezeit endlich aus dem Innenbereich heraus und zeigten sich der Masse (und wenn ich Masse sage dann meine ich auch Masse – die Menschenmenge vor dem Gehege war wirklich sehr beeindruckend… 😉 ).
Und weil ich irgendwie spontan Lust drauf hatte gibt es diese Fotos von vor etwa zwei Jahren heute hier zu sehen – aber Achtung, die Qualität ist aus heutiger Sicht nicht sooo gut,doch was zählt sind ja die Motive… 😉
Nach diesem Foto verabschiedeten sich die zwei wieder nach drinnen – obwohl der „Auftritt“ in Summe nur etwa eine halbe Stunde gedauert hatte war es einfach nur wunderschön – einer der besten Momente während meiner bisherigen Zoobesuche!
Heute ist Quintana schon fast so groß wie ihre Mutter, ihr fehlt nur noch etwas Gewicht und schon kann man die Zwei kaum noch unterscheiden. Trotzdem fühlt es sich so an als wären die Bilder oben erst gestern entstanden – wahnsinn wie die Zeit vergeht.
Wohin mit den Jungtieren?
So erfreulich der Eisbärennachwuchs in Berlin auch ist sollte man aber auch immer bedenken: Wohin mit dem Nachwuchs wenn er älter wird? Die Zucht dieser größten Landraubtiere der Erde lief in den letzten Jahren so gut, dass es allmählich immer schwieriger wird, einen Platz für die Jungtiere zu bekommen. Man denke nur mal an die Nürnberger Eisbärin Charlotte – sie wurde im November 2014 geboren (sie ist also schon vier Jahre alt, zwei Jahre älter als die inzwischen zweijährige Quintana) und wurde dann, als sie ungfähr zwei Jahre alt war von heute auf morgen von ihrer Mutter Vera verstoßen (mit etwa zwei Jahren verlassen junge Eisbären auch in freier Wildbahn ihre Mütter – im Zoo werden sie aber normalerweise nicht so drastisch verjagt, da hier eigentlich keine Futterknappheit wie in freier Natur, wo die Eisbären teilweise regelrecht verhungern, herrscht – Vera ist da halt etwas rabiater… 😉 ). Seitdem lebt Charlotte im Gehege nebenan, eigentlich nur eine Übergangslösung. Doch dieser Zustand hält jetzt schon zwei Jahre an, denn der Tiergarten findet scheinbar einfach keinen freien Platz für ihre Bärin.
UPDATE: Inzwischen (28.03.2019) ist bekannt, dass Charlotte nach vier Jahren endlich einen neuen Platz gefunden hat. Sie lebt seit wenigen Tagen im Erlebniszoo Hannover, von wo dann im „Tausch“ deren zweites Männchen Nanuq nach Nürnberg zieht, um Veras neuer Partner zu werden (das mit Felix scheint wohl endgültig beendet zu sein, was für ihn vielleicht auch besser so ist, denn im Aquazoo Friesland hat er es ja derzeit ganz gut erwischt). Ob Charlotte dann mit dem erst vor kurzem zusammengebrachten Paar Sprinter und Milana vergesellschaftet wird oder wie Hannover das handhaben will, weiß ich natürlich nicht, aber da der Zoo über zwei sehr große und gleichwertige Eisbärenanlagen verfügt, wird es denke ich mal kein Problem sein, Charlotte gut unterzubringen.
Ich denke zwar, dass dies ein Extrembeispiel ist (alle anderen Eisbärenkinder aus europäischen Zoos sind trotzdem immer irgendwo untergekommen, ich weiß eigentlich auch nicht, wieso es gerade in Nürnberg nicht klappt), aber es zeigt, dass nicht jeder Zoo einfach so drauflos züchten sollte.
Vielmehr sollten meiner Meinung nach verstärkt Junggesellengruppen gebildet werden (und das nicht nur bei Eisbären sondern auch bei vielen anderen Tierarten wie Elefanten oder Giraffen), in denen die jungen Bären und Bärinnen mit Gleichaltrigen zusammenleben können.
Beispiele hierfür sind etwa die Wildlands Emmen (Niederlande), in dem eine Mädelsgruppe lebt (auch Nela aus dem Tierpark Hellabrunn ist hier untergekommen) oder der Yorkshire Wildlife Park (Großbritannien) in dem auch Nelas Zwillingsbruder Nobby zusammen mit drei (?) anderen Männchen lebt. Ob die Mädelsgruppe in Emmen jedoch noch lange Bestand haben wird ist nicht sicher, denn auch dieser Zoo möchte eigentlich gerne züchten. Demnächst sollen bereits zwei der vier Mädels – Lale aus Bremerhaven und ihre Freundin Nordje (aus den Niederlanden) in den Zoo La Palmyre in Frankreich umziehen. Insgesamt sehe ich das sehr kritisch, denn eine andere Mädelsgruppe in außer Emmen Europa fällt mir spontan nicht ein (in Frankreich im Zoo de Cerza Lisieux leben glaube ich zwei junge Schwestern zusammen, ich weiß aber nicht was hier der Plan ist). Und so wird sich spätestens der Tierpark Berlin in zwei Jahren einmal fragen, wo er seinen Nachwuchs denn jetzt unterbringen soll.
Umso mehr begrüße ich daher den Plan des Tierpark Hellabrunns, Quintana erstmal nicht abzugeben sondern weiterhin zusammen mit Giovanna in München leben zu lassen (normalerweise wäre jetzt langsam der Zeitpunkt gekommen, in dem Quintana Hellabrunn verlassen würde). Ich habe auch schon gehört, dass der Tierpark eventuell sogar noch ein weiteres Weibchen mitaufnehmen würde, um es mit den beiden zu vergesellschaften. Ob das wirklich stimmt kann ich zwar nicht sicher sagen, aber ich fände es wirklich sehr schön!
Ich hoffe, dass die Entwicklung in München kein Einzelfall ist, sondern das noch weitere Zoos auf diesen Zug aufspringen, anstatt verkrampft zu versuchen zu züchten, obwohl die Bedingungen einfach nicht gegeben sind (Hagenbeck in Hamburg ist da so ein Beispiel, meiner Meinung nach ist diese Anlage für Nachwuchs überhaupt nicht geeignet). Ich will nicht sagen, dass Eisbärenzucht per se schlecht ist, aber meiner Meinung nach sollten dafür zwei Grundvoraussetzungen erfüllt sein: Erstens eine wirklich dafür geeignete Anlage (also die Möglichkeit, die Bären zu trennen, genug Fläche und ein jungtiersicherer Wassergraben) wie in München oder Nürnberg (nur mal zwei Beispiele die ich selber persönlich schon gesehen habe) und zweitens einen sicheren Platz für das Jungtier, wenn es alt genug ist um den Zoo zu verlassen!
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