Brescia im Winter – Eindrücke aus einer übersehenen Stadt

Im Januar 2025 zog es mich für einige Tage nach Venedig – in der Hoffnung auf Nebel wollte ich meine Lieblingsstadt zur Abwechslung mal im Winter besuchen. Und da ich Venedig inzwischen schon ziemlich gut kenne, bot es sich an, den Besuch dort mit einem Abstecher in eine andere norditalienische Stadt zu verbinden, in der ich zuvor noch nie war. Trento, Treviso und Brescia kamen mir dabei spontan in den Sinn, und am Ende entschied ich mich aus verschiedenen Gründen für letztere Stadt, die unweit des Gardasees in der Lombardei liegt. Tatsächlich hatte ich Brescia bereits während meiner Reise nach Verona im März 2024 auf der Liste gehabt, doch damals gab es am Ende zu viele andere Ziele, die ich gerne besuchen wollte.

Diesmal sollte es jedoch klappen, und als ich auf dem Weg vom Bahnhof zu meinem Hotel das erste Mal einen Blick auf das Castello di Brescia erhaschen konnte, wusste ich sofort, dass ich eine gute Entscheidung getroffen hatte. Für eine Nacht ging es vor meinem Aufenthalt in Venedig nach Brescia, was im Nachhinein vielleicht etwas knapp kalkuliert war. Durch die sehr kurzen Tage im Januar blieben mir am Anreisetag ungefähr zwei Stunden mit Sonnenlicht in der Stadt, und am nächsten Morgen hatte ich ebenfalls nochmal zwei Stunden Zeit, bevor ich zurück zum Bahnhof musste. Das hat locker gereicht, um einen Überblick über die Stadt zu bekommen, doch am Ende hätte ich gerne noch deutlich mehr Zeit dort verbracht, denn es gibt einiges zu sehen. Andererseits muss ich auch zugeben, dass es gerade morgens und abends ziemlich ungemütlich und kalt wurde, so dass es vielleicht keine so schlechte Idee ist, zu einer etwas wärmeren Zeit zurückzukommen. Doch der Reihe nach…

Brescia Lombardia Piazza della Loggia Blaue Stunde Morgens
Am frühen Morgen auf der wunderschönen Piazza della Loggia – der schöne Schein trübt hier jedoch ein wenig, denn in diesem Moment war es dort bitterkalt.
Brescia Lombardia Details Duomo Nuovo Tauben Morgenlicht Goldene Stunde Piazza Paolo VI
Sonnenbadende Tauben auf dem Duomo Nuovo.

Versteckte Schönheit

Brescia (ausgesprochen „Brescha“) ist bekannt dafür, ein sehr wichtiges Industriezentrum zu sein. Das klingt nicht schön, und wenn man die Stadt von oben betrachtet (dazu später mehr), kann man auch sehr deutlich erkennen, dass die Gewerbeflächen in der Tat große Teile der Stadt vereinnahmen. Aber auch wenn die Ausmaße hier vielleicht größer sind, gibt es ähnliche Bereiche in so gut wie jeder größeren Stadt, und die große Altstadt von Brescia ist zum Glück so gut wie frei von Bausünden. Die Aussage „es gibt dort viel Industrie“, welche man immer wieder liest wenn es darum geht, ob Brescia sehenswert ist, sollte meiner Meinung nach also niemanden von einem Besuch abschrecken!

Brescia Lombardia Piazza della Loggia am frühen Morgen Nachts Arkadengang
Früh am Morgen auf der Piazza della Loggia.

Was gibt es also zu sehen in Brescia? Nun, zum einen natürlich die weitläufige und wirklich hübsche Altstadt. Kein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu anderen Städten in Norditalien, aber Brescia muss sich in dieser Hinsicht definitiv nicht verstecken. Besonders gut gefallen haben mir hier die vielen imposanten Plätze, wie etwa die optisch sehr ansprechende Piazza della Loggia, die Piazza Paolo VI mit den beiden beeindruckenden Domen der Stadt sowie die Piazza della Vittoria mit etwas ungewöhnlichen aber durchaus eindrucksvollen Gebäuden aus der Zeit des Faschismus. Gerade die Piazza della Loggia hat es mir sehr angetan – wirklich ein wunderschöner Platz! Etwas weiter östlich liegt mitten in der Altstadt außerdem eine ziemlich große römische Ausgrabungsstätte, für die ich leider so gut wie keine Zeit hatte. Von außen sah sie aber auf jeden Fall deutlich beeindruckender aus als auf all den Bildern, die ich zuvor im Internet gesehen hatte. Ebenfalls keine Zeit hatte ich außerdem für das benachbarte Museo di Santa Giulia, das von vielen Leuten als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt bezeichnet wird. Die Bilder sehen jedenfalls sehr interessant aus und der Gebäudekomplex scheint wirklich riesig zu sein und beinhaltet unter anderem Kreuzgänge und eine Kirche mit hübschen Fresken – vielleicht muss ich mir beim nächsten Mal doch die Zeit dafür nehmen.

Brescia Lombardia Piazza Paolo VI Duomo Nuovo
Der Duomo Nuovo (mitte) und der Duomo Vecchio (rechts, angeschnitten) auf der Piazza Paolo VI.
Brescia Lombardia Details Dom

Über der Altstadt thront mit dem Castello di Brescia außerdem mein persönliches Highlight – eine riesige und noch vollständig intakte Burganlage, die man gratis besichtigen kann und von der aus man eine tolle Aussicht über die Altstadt im Süden sowie auf die nahegelegenen Berge im Norden hat. Hier oben hätte ich problemlos mehrere Stunden verbringen können, um wirklich jeden Winkel zu erkunden, aber schon die Bereiche die ich in der kurzen Zeit sehen konnte, waren wirklich sehr beeindruckend. Der Weg nach oben führt von der Altstadt aus durch viel Grün – durch die Abendsonne war es dort oben bei meinem Besuch außerdem angenehm warm, so dass es sich für eine kurze Zeit fast wie Frühling angefühlt hat, was mitten im Januar extrem gutgetan hat. Definitiv eine Empfehlung!

Brescia Lombardia Burg Castello Mond Abendlicht Goldene Stunde
Das Castello di Brescia im Abendlicht – wer genau hinsieht, kann zwischen den Türmen außerdem den Mond entdecken.

Eine untouristische Stadt?

Relativ schnell ist mir bei meinem Besuch aufgefallen, wie wenige Touristen in der Stadt unterwegs waren. Das soll nicht heißen, dass dort wenig los war – im Gegenteil, überall waren Menschen unterwegs, die Gassen und Plätze waren am späten Nachmittag und am Abend gut gefüllt. Doch fast alle diese Personen haben italienisch gesprochen, was entweder bedeutet, dass dort sehr viele italienische Touristen zu Besuch waren, oder dass es sich hauptsächlich um Einheimische gehandelt hat. Ich fand es jedenfalls sehr schön zu sehen, wie gesellig es in der Stadt zuging. Auffallend viele (meist ältere) Leute haben außerdem ihren Hund (und in einem Fall auch eine Katze) in der Altstadt und im Castello spazieren geführt. Oft habe ich dabei immer wieder die gleichen Leute an verschiedenen Orten getroffen. Viele von ihnen scheinen sich untereinander zudem gekannt zu haben und sind dann stellenweise gemeinsam spaziert, um ein wenig zu plaudern. In diesen Momenten hat es sich jedenfalls so angefühlt, als wäre das Zentrum von Brescia fest in einheimischer Hand.

Brescia Lombardia Castello di Brescia Abendlicht Goldene Stunde Berge Alpen
Bergblick vom Castello di Brescia.
Brescia Lombardia Altstadt Loggia am frühen Morgen Nachts
Früh am Morgen zwischen der Piazza della Loggia und der Piazza della Vittoria.
Brescia Piazza della Loggia Morgens Blaue Stunde Torre dell'Orologio
Der Torre dell’Orologio und der Palazzo della Loggia.

Ein weiteres Indiz dafür, dass Bresica keine allzu touristisch geprägte Stadt zu sein scheint, findet sich in den Öffnungszeiten der Restaurants in der Altstadt. Zumindest im Januar öffnete ein Großteil davon abends erst ziemlich spät (19 oder 20 Uhr), was darauf hindeutet, dass hauptsächlich Italiener die Zielgruppe sind, da diese generell eher spät zu Abend essen. In touristischeren Städten hatte ich bisher jedoch nie Probleme gehabt, ein Restaurant zu finden, in dem ich bereits zu „deutscheren“ Zeiten essen konnte – in Brescia gestaltete sich das jedoch schwierig. Als ich dann schließlich zu einer für meine Verhältnisse bereits etwas späteren Uhrzeit in einer Pizzeria zwischen der Piazza della Loggia und der Piazza Paolo VI (also mitten im Zentrum) einkehrte, war ich dort immer noch der erste Gast des Abends und konnte dabei zusehen, wie sich das Lokal langsam aber sicher füllte. Und auch allgemein machten die Restaurants im Zentrum der Altstadt keinen allzu touristischen Eindruck auf mich, was ich definitiv eher ungewöhnlich fand.

Auch in den Lokalen selbst habe ich fast nur Italiener gesehen. Mein Frühstück nahm ich etwa in einer Bar auf der Piazza della Loggia – einem der Hauptplätze der Stadt – ein, und saß dort neben sehr vielen mutmaßlichen Stammkunden, mit denen der Besitzer ausführlich plauderte.

Brescia Lombardia Piazza della Loggia Torre dell'Orologio Blaue Stunde Morgens
Die Piazza della Loggia mit Blick in Richtung des Torre dell’Orologio zur Blauen Stunde.

Nun ist es natürlich gut möglich, dass all das daran lag, dass ich im Januar dort war und dass es im Sommer schon wieder ganz anders aussieht. Zum Teil wird es wohl auch so sein, denn selbst in Venedig habe ich im Januar sehr viele Einheimische und verhältnismäßig wenige Touristen gesehen, aber ein sehr deutlicher Unterschied zwischen den beiden Städten war in dieser Hinsicht natürlich trotzdem zu spüren. Kurzum, ich weiß nicht, ob ich von meinen Erfahrungen im Januar Rückschlüsse auf den Rest des Jahres ziehen kann. Doch ich würde trotzdem wetten, dass in Brescia auch in wärmeren Jahreszeiten nur ein Bruchteil so viele Touristen unterwegs sind wie zum Beispiel in Verona oder Mailand.

Brescia Lombardia Castello Burg
Ein Nachmittag im Castello di Brescia.

Fazit

Ob untouristisch oder nicht, mir persönlich hat Brescia jedenfalls sehr gut gefallen. Alleine für das Castello lohnt sich meiner Meinung nach ein Besuch, aber auch sonst ist die Stadt wirklich hübsch. Und wer sich etwas mehr für Geschichte allgemein und die Stadtgeschichte von Brescia im Speziellen interessiert, der sollte sich das Museo di Santa Giulia und das benachbarte Forum Romanum besser nicht entgehen lassen.

Brescia Lombardia Blaue Stunde Duomo Nuovo Langzeitbelichtung
Blick auf den Duomo Nuovo am Abend.

Ein weiterer theoretischer Pluspunkt der Stadt ist (zumindest für mich) die Lage. Ähnlich wie Verona scheint sich auch Brescia gut als Ausgangspunkt für Tagesausflüge mit dem Zug zu eignen – Mailand, Bergamo, Cremona, Verona, der Gardasee oder auch der Lago d’Iseo lassen sich alle in einer guten Stunde oder weniger erreichen. Es wäre eine Überlegung wert.

Als ich an einem kalten Januarmorgen völlig durchgefroren auf der sich langsam erwärmenden Piazza della Loggia in der Sonne stand und die beeindruckende Architektur ein letztes Mal bewunderte, bevor es zurück zum Bahnhof ging, wurde mir jedenfalls klar, dass ich mir gut vorstellen könnte, Brescia bei Gelegenheit nochmal zu besuchen, um mir etwas mehr Zeit für die Stadt zu nehmen. Dann allerdings zu einer etwas wärmeren Jahreszeit.

Brescia Lombardia Piazza della Loggia Morgens Morgensonne Details
Der Palazzo della Loggia in der Morgensonne.

Soweit meine Eindrücke aus Brescia – ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel den ein oder anderen ein wenig neugierig machen konnte. Als nächstes wird dann ein weiterer Artikel aus Italien mit den Fotos meines anschließenden Aufenthalts in Venedig folgen. Ja ich weiß, über diese Stadt habe ich hier nun schon unverhältnismäßig oft geschrieben (2019, 2021 und 2023), aber diesmal wird es wirklich etwas besonderes, denn das Licht bei meinem Besuch im Januar war fast durchgehend fantastisch. Freut euch also auf sehr viele neue Fotos, die die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes nochmal in einem ganz anderen Licht zeigen!

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1 Kommentar

Wow, wie schön! Hab‘ gesehen, dass wir die ganze Ecke zwischen Mailand und Gardasee bisher ziemlich links liegen gelassen haben. Dann kommt Brescia wohl mal sehr deutlich in den Hinterkopf für künftige Reiseziele. 🙂 Mein Favorit dieser Fotoserie: „Blick auf den Duomo Nuovo am Abend“

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