München Odeonsplatz RAW

Umstieg auf das RAW-Format? Jein!

Jeder, der sich intensiver mit Fotografie beschäftigt kennt es und (fast) jeder Profifotograf schwört darauf: das RAW-Format. Und auch ich spiele schon länger mit dem Gedanken, es einfach mal zu testen. Als in meiner Foto-Zeitschrift letztens dann zufällig ein Artikel über zwei gute Gratis-RAW-Konverter erschien und diese praktischerweise sogar noch auf der Heft-CD mit drauf waren, war das natürlich die Gelegenheit für einen (günstigen) Einstieg und so habe ich bei meinen letzten beiden Ausflügen nach München mal neben dem JPEG parallel noch das RAW mitgespeichert, einfach um es mal auszuprobieren. Nach knapp einer Woche Testphase denke ich, dass ich jetzt für mich ein erstes Fazit ziehen kann…

Update März 2019: Nach nur wenigen Wochen ist das Experiment mit RAW-Fotos gescheitert. Nicht weil mich die Möglichkeiten nicht überzeugt haben, sondern weil es für mich einfach viel zu viel Arbeit war. Alleine die Vorstellung, dies für alle meine Urlaubsbilder machen zu müssen ist mir schon zu viel. Und wenn ich ehrlich bin finde ich die JPEGs (meistens) jetzt nicht so viel schlechter als die bearbeiteten RAWs, oft sehen sie sogar besser aus. Ich bin halt doch mehr der Out-Of-Cam-(mit-kleinen-Verbesserungen-)Typ… 😉

Warum brauche ich das RAW-Format?

Ich glaube nicht, dass ich die Stärken des RAW-Formats hier noch groß aufzählen und beschreiben muss, denn das haben andere vor mir schon zur Genüge und weit besser getan.

Ausschlaggebend für den Wechsel war für mich hauptsächlich die Möglichkeit, zu hell belichtete und ausgebrannte Flächen wieder „zurückzuholen“, denn auf meinen Urlaubsfotos hat es mich schon immer sehr gestört, wenn zum Beispiel der Himmel in natura wunderschön dramatisch war und auf dem Foto dann als langweilige weiß-graue Fläche erscheint. Und dies klappt mit RAW tatsächlich mehr als vorzüglich und schon alleine deswegen möchte ich es auch nicht mehr hergeben… 😉

Hier mal ein Beispiel – auf dem JPEG ist die Struktur im Himmel zwar noch zu erkennen, aber auch mit einer intensiven Bearbeitung wäre es so gut wie unmöglich, den Himmel so darzustellen wie er wirklich war (also nicht weiß sondern blau). Mit RAW-Dateien (das zweite Bild) ist das überhaupt kein Problem.

München Odeonsplatz JPEG
Das (zugegebenermaßen unbearbeitete) JPEG, aufgenommen an einem wunderschönen Morgen am Odeonsplatz – aber selbst mit einer starken Bearbeitung wäre es hier nicht mal ansatzweise möglich gewesen, den Himmel so darzustellen wie er in Wirklichkeit war.
München Odeonsplatz RAW
Mit dem RAW ist das kein Problem

Das ist für mich eigentlich auch schon der Hauptgrund für das RAW-Format – wenn das mit RAW-Dateien auch nicht gehen würde oder mit JPEG-Dateien eben schon bräuchte ich RAW nicht! Aber so ist es für mich eigentlich keine Frage mehr, ob ich bei JPEG bleibe oder mit RAW weitermache…

Natürlich gibt es noch einige andere Vorteile, diese alleine wären für mich aber kein ausschlaggebender Punkt für einen Wechsel. Ganz nett ist es zum Beispiel noch, den Weißabgleich im Nachhinein noch verändern zu können, so dass ich mir während dem Fotografieren keine großen Gedanken mehr darüber machen muss.

München Hofgarten JPEG
Ein JPEG frisch aus der Kamera – fotografiert im Hofgarten. Der Blaustich ist hier sehr deutlich zu erkennen. Normalerweise wäre dieses Bild sofort in den Papierkorb gewandert…
München Hofgarten RAW
Das RAW mit korrigiertem Weißabgleich (unter anderem 😉 ) kann sich aber durchaus sehen lassen…

Die Tatsache, dass man bei RAW jedes Bild bearbeiten muss ist für mich aber eigentlich eher ein Nachteil. Ja, ich habe bei meinen JPEGs auch immer ein bisschen Helligkeit, Kontrast und die Schatten korrigiert, aber ich fand es auch sehr schön, wenn es nicht immer zwingend nötig war. Für die Zukunft heißt das Fotografieren in RAW vermutlich, dass ich in Summe aus einem Urlaub vielleicht statt Tausend Bildern nur Fünfhundert behalten werde. Solange diese 500 dafür dann aber wirklich besser sind kann ich damit leben.

Ich bin derzeit aber schon dabei, einen „Standard-Filter“ zusammenzubasteln, den ich in Zukunft einfach bei einem Großteil der Bilder benutzen will, so dass ich dann im besten Fall gar nichts mehr oder nur ein paar Details korrigieren muss. Ob das aber klappen wird weiß ich nicht, wie ich mich kenne werde ich trotzdem jedes Bild von Hand korrigieren wollen…

München Odeonsplatz JPEG
Ein JPEG – ebenfalls aufgenommen am Odeonsplatz
München Odeonsplatz RAW
Das RAW nach einer dezenten Bearbeitung mit meinem Standard-Filter für Reisefotos…

Stand jetzt denke ich, dass ich für meine Reisebilder mit RAW weiter machen will, einfach weil die Vorteile hier sehr deutlich überwiegen und ich in diesem Bereich die Stärken des RAW-Formats ausnutzen kann…

Siegestor München Blaue Stunde JPEG
Ein bereits maximal bearbeitetes JPEG – aufgenommen am Siegestor in München gegen Ende der Blauen Stunde. Selbst nach einer starken Bearbeitung sieht der Himmel noch nicht mal ansatzweise so blau aus wie er eigentlich war.
Siegestor München Blaue Stunde RAW
Das (vielleicht sogar schon zu stark) bearbeitete RAW
München Feldherrnhalle JPEG
Das JPEG – aufgenommen bei der Feldherrnhalle am Odeonsplatz
München Feldherrnhalle RAW
Das RAW

Und Tierfotos?

Tierfotos werde ich auch in Zukunft in JPEG aufnehmen, so viel ist für mich jetzt sicher.

Warum? Mal abgesehen davon, dass eine Kamera in JPEG schneller ist, was ja bei Tierfotos nicht ganz unwichtig sein kann, und ich außerdem mindestens fünf Speicherkarten bräuchte um einen Tag im Zoo mit RAW zu überstehen ( 😉 ) ist mir bei Tierfotos ein natürlich aussehendes Bild sehr wichtig.

Ich bearbeite meine Tierfotos grundsätzlich deutlich weniger als meine Reisefotos, nur ein bisschen die Schatten aufhellen und die Lichter runter – fertig. Es gibt hier auch nur selten solche starken Hell-Dunkel-Unterschiede wie in der Reisefotografie, wo das Beispiel mit dem ausgebrannten Himmel ja mein Hauptgrund für einen Umstieg zum RAW-Format ist. Sollte es doch mal ein Bild geben, wo ich unbedingt das RAW gebraucht hätte (was bei vielleicht einem von 100 Bildern der Fall ist), dann muss ich halt damit leben und das Bild einfach löschen oder das Beste draus machen. Und seien wir mal ehrlich: Tiere im Schatten vor einem viel zu hellen Hintergrund geben selbst dann meistens kein schönes Motiv ab, wenn man es intensiv bearbeitet, denn schlechte Aufnahmeverhältnisse sind und bleiben schlechte Aufnahmeverhältnisse, oder wie seht ihr das?

Sibirischer Tiger Jegor im Tierpark Hellabrunn
Wozu brauche ich hier das RAW – kurz den Kontrast etwas erhöhen, die Lichter etwas raus nehmen, die Schatten leicht aufhellen und schon sieht Tiger Jegor aus dem Tierpark Hellabrunn auch auf einem JPEG-Bild super aus!

Zudem bin ich mir nach meinen ersten Versuchen mit der RAW-Bearbeitung recht sicher, dass meine Fotos hinterher doch nie so natürlich aussehen werden wie als JPEGs aus der Kamera. Für Bilder aus Städten oder Landschaften ist es für mich okay, wenn man ihnen die Bearbeitung ein bisschen ansieht (solange sie nicht unnatürlich oder übertrieben wirkt), aber im Zoo möchte ich das nicht. Hier ist es mir wichtig, dass die Bilder so natürlich aussehen wie möglich – und durch endlose Farbkorrekturen, Kontrast- und Belichtungsanpassungen und so weiter und so fort ist diese Voraussetzung für mich einfach nicht mehr gegeben.

Flamingos im Tierpark Hellabrunn – hier braucht es keine großen Korrekturen mehr…

Auch wenn andere das wohl genau andersrum sehen, ist das meine persönliche Meinung zu diesem Thema und dabei werde ich (vorerst) auch bleiben (aber warten wir mal ab, wie es in einem halben Jahr aussieht 😉 )

Roter Panda Shamina im Tierpark Hellabrunn
Bei dieser Aufnahme von der Roten Pandadame Shamina im Tierpark Hellabrunn würde der Himmel wohl selbst mit RAW weiß bleiben

Fazit

Trotz aller Vorteile bin ich mir noch nicht zu hundertprozentig sicher, ob ich in Zukunft wirklich durchgängig in RAW fotografieren will (von Tierfotos mal abgesehen), denn mit dem Aussehen der Bilder bin ich noch nicht immer vollständig zufrieden. Aber das wird hoffentlich von Tag zu Tag besser, schließlich ist es auch etwas Übungssache, so ein Bild zu bearbeiten, denke ich.

Und wenn ich irgendwann so weit bin, dass ich mit den Ergebnissen durchgängig zufrieden sein kann und auch schwierigere Regler im Griff habe, ist der Umstieg auf jeden Fall sicher und ich werde während zukünftigen Urlauben wohl immer in RAW fotografieren.

München Ludwigstraße Blaue Stunde JPEG
JPEG – aufgenommen zur blauen Stunde an der Ludwigstraße
München Ludwigstraße Blaue Stunde RAW
Nach einer Bearbeitung mit dem RAW-Konverter kommt das Blau der blauen Stunde erst richtig zur Geltung…

Trotz allem sollte man aber immer noch bedenken, dass man nicht automatisch bessere Bilder macht, nur weil man in RAW fotografiert. Denn das Wichtigste, nämlich die Gestaltung des Bildes, kann kein Bearbeitungsprogramm noch nach der Aufnahme erledigen!

Eine Sache muss ich noch anmerken was den Inhalt dieses Artikels betriff: Erstens bin ich noch sehr sehr weit davon entfernt auch nur ansatzweisse ein Profifotograf zu sein – es ist einfach nur mein Hobby, dass ich seit gerade mal drei Jahren regelmäßig ausübe (davor konnte habe ich zwar auch ein bisschen geknippst, aber ich rechne jetzt mal ab dem Zeitpunkt wo ich meine erste „richtige“ Kamera bekommen habe). Was ich hier geschrieben habe ist meine persönliche Meinung dazu, aber ob diese richtig ist (wenn eine persönlich Meinung denn überhaupt richtig sein kann oder muss) oder nicht muss jeder für sich selber wissen. Außerdem bin ich beim besten Willen kein Experte für Fotobearbeitungen, was unter anderem daran liegen könnte, dass ich es erst seit einer Woche mache. Ich weiß auch, dass die bearbeiteten Fotos oben keinesfalls perfekt sind, es sind einfach nur erste Versuche mit dem RAW-Konverter, mit denen ich oft selber noch nicht richtig zufrieden bin…

Wie siehts bei euch aus – fotografiert ihr in RAW oder in JPEG? Und habt ihr schon mal über einen Wechsel nachgedacht oder bleibt ihr eurem Format auch weiterhin treu? Über Kommentare dazu würde ich mich freuen!

7 Kommentare

Hi Florian, du hast ein paar sehr gute Argumente angeführt. Ich persönlich habe es sehr gern, wenn alle Möglichkeiten offen bleiben, von daher fotografiere ich seit jeher mit der Spiegelreflex ausschließlich in RAW. Bei einigen Motiven sicherlich überflüssig und mehr Aufwand als nötig, aber wenn man mal seine Workflows und Standardfilter hat bieten sich dadurch einfach mehr Möglichkeiten.
Ich habe mich zudem vor einiger Zeit dazu entschieden auch als Hobbyfotograf auf Produkte einer namhaften Softwarefirma zu setzen, die schon lange Anwendungen im Bereich Foto/Design/Bildbearbeitung anbietet, zu setzen. Besonders wenn man einer Heerschar an Bildern nach einem Urlaub Herr werden will ;-). Ist zwar nicht ganz günstig, aber wenn man etwas mehr in die Bearbeitung einsteigen will und gute Kategorisierung, Verschlagwortung Bewertung/Markierung haben möchte erleichtert das einiges.

Noch ein Tipp zum reinstöbern:
https://www.stuckincustoms.com. Auch was HDR angeht ist der gute Mann meines Erachtens ganz weit vorne. RAW und auch HDR/ToneMapping erlaubt dann auch künstlerische Stilrichtungen zu entwickeln und weitreichend zu experimentieren. Ein JPEG verliert einfach zu viele Bildinformationen die eigentlich ursprünglich vorhanden sind.

Hi Stefan,
ja, wenn es darum geht ein möglichst perfektes Ergebnis zu erzielen kommt man um RAW halt nicht herum…
Falls du ein gewisses Programm namens L. meinst – ja, das ist bestimmt toll, sonst würden es nicht so viele Leute benutzen, aber ich habe leider (noch 😉 ) keine Lust jeden Monat Geld dafür zu bezahlen. Und der Konverter, den ich jetzt benutze, hat laut einer recht renommierten Foto-Zeitschrift viele Ähnlichkeiten zu diesem Programm und ist aber kostenlos – ein guter Grund es auszuprobieren, oder? 😉
Florian
P.S: Danke für den Link, da muss ich jetzt mal noch ein bisschen Fotos gucken…

Hallo Florian,
och nöööö, noch mehr Aufwand mit den Fotos! Ja, Du sprichst mir mit Deinem Artikel irgendwie aus der Seele: Es gibt bestimmt überaus tolle Möglichkeiten, mit RAW nachzubearbeiten, und in vielen Fällen lohnt sich das ganz bestimmt. Auf der Negativseite steht natürlich der Aufwand bei der Bildverarbeitung. Wenn ich nur daran denke, dass ich heute noch nicht mal annähernd mit den Urlaubsfotos aus dem August fertig bin – nicht auszumalen, wenn ich jetzt auch noch RAW verwenden würde…
Dazu kommt noch, dass ich bis heute noch nicht richtig verstanden habe, was bei der JPEG-Bearbeitung mit Tonwertkorrektur, Farbkorrektur und Gradiationskurven, Gammakorrektur und ähnlich lautenden Manipulationsmöglichkeiten alles möglich ist, und wie groß das Delta zur RAW-Bearbeitung dann tatsächlich noch ist. Ich kenne eine Bildbearbeitungs-Expertin, die nach eigenen Angaben RAW gar nicht braucht, weil sie auch mit JPEG alles zu ihrer Zufriedenheit hinbekommt. Ich kann es nicht wirklich beurteilen…
Schon jetzt aber viel Spaß mit dem RAWen – und jetzt weiß ich auch, warum Du seit gestern noch mehr Speicherkarten brauchst. 😉
T.

Ja ja, der Aufwand… :seufz: Das ist der einzige Grund warum ich noch ein bisschen daran zweifle, ob es wirklich das richtige ist. Aber wenn ich dann durch eben jene Urlaubsbilder vom August durchgehe weiß ich auch sofort wieder, dass ich die Möglichkeit, das Bild besser zu bearbeiten, nicht mehr hergeben will – vor allem eben was den zu hellen Himmel angeht…
Das mit den Speicherkarten kann noch lustig werden – aber vielleicht hat es ja einen ähnlichen Effekt wie die teuren Filme zu Analogzeiten. Wäre vielleicht mal ganz wünschenswert bei mir… 😉
Florian

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